Page 13 - Frankfurter Münzhandlung Auktion 155
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SAMMLUNG KLAUS GIESEN
Anmerkungen zur Münzgeschichte der Ottonen und Salier
Zu den Nachfolgestaaten des Karolingischen Reiches gehörte das Ostfränkische Reich, das sich selbst meist eher Römisches
Reich nannte. Aus diesem entstand das Deutsche Reich, das aber in seiner Frühzeit keineswegs ein Nationalstaat mit
ethnisch einheitlicher Bevölkerung war. Es wurden unterschiedliche Sprache gesprochen, deutsche und französische
Dialekte, westslawische und Italienisch. Seit 919 regierte die Herrscherfamilie der in erster Linie in Sachsen beheimateten
Ottonen, der 1024 die der Salier folgte, die ihren Schwerpunkt eher im Mittelrheingebiet hatten.
Auch wirtschaftlich war das Reich kein homogener Raum. Die Gebiete westlich des Rheins hatten einst zum Römischen
Reich der Antike gehört und auch nach dessen Untergang relativ entwickelte Wirtschaftsstrukturen beibehalten, östlich
des Rheins waren weniger entwickelte Zonen. Gerade in diesen musste sich eine Geldwirtschaft erst langsam entwickeln.
Als Kaiser Ludwig der Fromme 833 sein berühmtes Privileg für die Abtei Corvey an der Weser schreiben ließ, in dem er
den Benediktinern ein Münzrecht einräumte, da fügte er in die Einleitung ein « quia locum mercationis ipsa regio
indigebat », zu Deutsch: weil dieser Raum eines Handelsortes entbehrt. Münzen wurden hier nur selten benutzt, was aber
nicht bedeutet, dass sie völlig unbekannt gewesen wären. In diesem Gebiet östlich des Rheins sind Münzschatzfunde
Ausnahmeerscheinungen. Einzelfunde zeigen aber dennoch, dass auch hier der Geldgebrauch sich immer weiter
ausbreitete. Die Einkommensregister einiger geistlicher Einrichtungen, z.B. der Urbare der Abtei Werden legen öfters
Abgaben alternativ in natura oder in Münze fest. Das setzt voraus, dass es einen Markt für agrarischen Überschuss gab, wo
sich Preise entwickelten.
Die Corveyer Urkunde von 833 steht zugleich für den Beginn eines schrittweisen Prozesses, in dem alle Bischöfe und ein
Teil der bedeutenderen Abteien das ursprünglich königliche Vorrecht (Regalrecht) zur Einrichtung einer Münzstätte
erhielten. Meist wurde die « Moneta » verbunden mit der Einrichtung eines privilegierten Marktes und einer Zollstelle.
Trotz dieses schleichenden Übergangs von Königsmacht auf die Kirche wurden weiterhin bis zur Mitte des
11. Jahrhunderts die Namen der Könige und Kaiser auf die Münzen gesetzt, in Einzelfällen, besonders in Zeiten des
Investiturstreits zwischen Papsttum und Königtum, auch noch danach. Im späten 11. Jahrhundert muss die Nennung des
Königs auf einer bischöflichen Münze als politische Aussage verstanden werden. Ein Königsname auf einer Münze
bedeutet deshalb nicht notwendigerweise, dass die Prägung tatsächlich als königlich anzusehen ist.
Von einer übergreifenden Münzpolitik der Könige, wie sie etwa im Westfrankenreich stattfand, kann im Reich der
Ottonen und Salier keine Rede sein, weder nach den erhaltenen Schriftquellen noch nach den Münzen. Die an Orten mit
Königspfalzen entstandenen Münzen sind keineswegs einheitlich. Sowieso ist die Zahl der Münzstätten, die unter
königlicher Kontrolle blieben, keineswegs zahlreich, so Antwerpen, Maastricht, Tiel, Duisburg, Dortmund, Goslar und
Hammerstein. Es ist auffällig, dass es im 11. Jahrhundert in Süddeutschland keine eindeutig dauerhaft königlichen
Münzstätten gab.
Die frühesten Münzen mit Nennung eines Bischofs entstanden in Augsburg unter Ulrich (923-967), der seinen Namen
exklusiv verwandte, sowie in Köln unter Erzbischof Brun. Letzterer war aber in einer besonderen Position insofern er der
Bruder des Kaisers Otto I. war und die Namen seiner Nachfolger erschienen zunächst nicht. In Straßburg war es Bischof
Erchanbald (965-991) der mit der Nennung begann, sofern man nicht ARGENTINA VOTO auf Bischof Udo (950-991)
beziehen will. Zu den früh genannten Bischöfen ist auch Dietrich I. von Metz (964-984) zu zählen. Bilder von Geistlichen
erscheinen seit dem Beginn des 11. Jahrhunderts auf Münzen. Die weltlichen Herrscher erscheinen in Schwaben seit der
2. Hälfte des 10. Jahrhunderts, die Bayernherzöge noch früher (911-914/916). Unterhalb der Herzöge ist einer der ersten
der den Billungern zuzurechnende Graf Wichmann III., der ab 994 in nicht geringem Umfang an der friesischen Küste
prägte. Gräfin Adela im Hamaland (Niederlande) wird um 990 schon genannt, ist auch sonst eine Frau mit Ausnahmerolle.
Die sächsischen Herzöge sind erst ab ca. 995 nachweisbar, was aber daran liegt, dass die Münzen in ihrem Bereich
überwiegend keine sinnvollen Legenden aufweisen und in besonderem Maße immobilisiert sind.
In den bischöflichen Münzstätten verschwinden die Königsnamen im Verlauf des 11. Jahrhunderts, in Würzburg nach
Heinrich II. (1002-1024), in Verdun nach Konrad II. (1024-1039), ebenso wie in den Bistümern Lüttich, Trier, Köln und
Utrecht. Besser verankert ist das Königtum in der Münzprägung in der Kernregion der Salier, am Mittelrhein. Im Verlaufe
des 11. Jahrhunderts bauen die bischöflichen Münzstätten ihre Rolle aus. Etliche, wie die oberlothringischen Bistümer und
das Erzbistum Köln, beginnen mit der Schaffung von Filialmünzstätten. Um die Mitte des 11. Jahrhunderts unterhalten
auch die brunonischen Grafen in Friesland ein koordiniertes Netzwerk an Münzstätten. Etliche Münzstätten sind
ausschließlich durch erhaltene Münzen nachweisbar, andere ebenso durch die schriftliche Überlieferung. Beide
Quellengruppen müssen also kombiniert werden, um ein korrektes Gesamtbild zu erhalten. Man kann aber beobachten,
dass die Dichte der Münzstätten im Westen des Reiches deutlich höher ist als im Norden und Osten.
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